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Umweltrecht für Baupraktiker

Unsicherer Rechtsrahmen der Inverkehrbringung und Verwendung mineralischer Recyclingbaustoffe in Deutschland

Die Notwendigkeit kreislaufgerechten Bauens ist politisch und gesellschaftlich gefordert und gewünscht, seine praktische Umsetzung jedoch rechtlich komplex. Denn ob rückgebaute Bauteile und- Stoffe oder Bodenmaterial die Chance auf ein zweites oder drittes Leben in einem neuen Bauwerk erhalten, hängt von Regelungen in ganz unterschiedlichen Rechtsbereichen ab. Dazu zählen das Kreislaufwirtschafts- bzw. Abfallrecht mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) und eine Reihe von abfallrechtlichen Verordnungen wie etwa die Ersatzbaustoffverordnung (ErsatzbaustoffV- EBV), das Gefahrstoffrecht, das Bauordnungsrecht, das Produktrecht, das Chemikalienrecht, das Umweltrecht im Finanzsektor, aber auch das Bauvertragsrecht und die technische Normung im Bauwesen. Viele dieser Regelungen sind derzeit im Fluss, da sowohl die Europäische Union im Rahmen der Umsetzung des Green Deals als auch die Bundesregierung unter anderem mit dem ehrgeizigen Maßnahmenpaket der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie 2024 den regulatorischen Rahmen permanent verändern.

Ein Beispiel: Sind Baustoffrecylate Sekundärrohstoffe und Produkte?

Aus Bauabfällen gewonnene Rezyklate, zu denen in Aufbereitungsanlagen für Bauschutt gewonnene rezyklierte Gesteinskörnungen zählen - gemäß § 3 Abs. 7b KrWG sind Rezyklate im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes sekundäre Rohstoffe, die durch die Verwertung von Abfällen gewonnen worden sind oder bei der Beseitigung von Abfällen anfallen und für die Herstellung von Erzeugnissen geeignet sind - , nicht jedoch bereits (Bau-)produkte. Jedoch müssen Rezyklate immer für die Herstellung von Erzeugnissen geeignet sein. Dies ergibt sich aus § 3 Abs. 25 KrWG, wonach Recycling jedes Verwertungsverfahren ist, durch das Abfälle zu Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen entweder für den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke aufbereitet werden. Demnach ist der (gütegesicherte) Output einer Bauschuttrecyclinganlage (immer) für die Herstellung eines bestimmten Bauproduktes geeignet, muss jedoch nicht notwendigerweise ein Bauprodukt bzw. ein (fertiges) Erzeugnis sein. Rezyklate können als solche ebenso Ausgangsstoffe für Bauprodukte oder Zwischenprodukte sein.

Konkrete Eignungskriterien dieser Sekundärrohstoffe für die Herstellung bestimmter Erzeugnisse, wie etwa Bauprodukte, enthält die Legaldefinition des § 3 Abs. 7b KrWG nicht. Zwar enthält § 23 KrWG eine abfallrechtliche Generalklausel zur Produktverantwortung für aus Rezyklaten hergestellte Erzeugnisse. Mit dieser Vorschrift sind die Grundlagen für die Produktverantwortung im KrWG geregelt. Danach sind Erzeugnisse möglichst so zu gestalten, dass bei ihrer Herstellung und ihrem Gebrauch das Entstehen von Abfällen vermindert wird und sichergestellt ist, dass die nach ihrem Gebrauch entstandenen Abfälle umweltverträglich verwertet oder beseitigt werden. Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnungen gemäß § 23 Abs. 4 KrWG bestimmen, welche Verpflichteten diese abfallrechtliche Produktverantwortung wahrzunehmen haben und für welche Erzeugnisse und in welcher Art und Weise die Produktverantwortung wahrzunehmen ist. Dies würde bedeuten, dass mit einer solchen Verordnung auch konkrete Eignungskriterien für Sekundärbaustoffe geregelt werden könnten. Dies ist bislang jedoch nicht geschehen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es noch keine nationale Verordnung zur Produktverantwortung im Sinne des § 23 Abs. 4 KrWG für mineralische oder sonstige Recycling-Baustoffe in Deutschland.

Zwar trat mit der Ersatzbaustoffverordnung (ErsatzbaustoffV - EBV) am 1. August 2023 eine Verordnung in Kraft, die u.a. den umweltrechlichen Rahmen für die Verwertung von aus (Bau-) Abfällen durch Aufbereitung gewonnene sogenannte mineralische Ersatzbaustoffe (MEB) in technischen Bauwerken enthält. Jedoch ist die ErsatzbaustoffV zum einen auf Zuschlagstoffe für R-Betone nicht anwendbar, denn Hochbaumaßnahmen sind keine technischen Bauwerke im Sinne der EBV und R-Betone für die Verwendung in diesen unterfallen demzufolge gemäß § 2 Ziff. 1 in Verbindung mit Ziff. 3 EBV nicht deren Anwendungsbereich, zum anderen enthält diese Verordnung weder eine Abfallenderegelung noch eine Regelung zur Produkteinstufung von mineralischen Ersatzbaustoffen (MEB), zu denen RC-Baustoffe gemäß § 2 Ziff. 29 EBV gehören. Auch für die Verwertung rezyclierter Gesteinskörnungen und anderer aus mineralischen Bauabfällen hergestellter Sekundärbaustoffe im Hochbau, insbesondere zur Herstellung von R-Betonen gibt es derzeit noch keine Verwertungsverordnung. Eine konkrete Abfallenderegelung für die Verwertung von aus Bauschutt hergestellten und als Zusatzstoffe für R-Betone bestimmte Stoffe gibt es damit in Deutschland nicht. Für diese gelten die in der Verantwortung der Hersteller, Inverkehrbringer und Verwender liegenden allgemeinen Anforderungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, insbesondere der §§ 7 Abs. 3, 7a, und 5 Abs. 1 KrWG.

Damit ist eine entscheidende Anforderung des Abfallrechts für den Übergang dieser Recyclate nicht erfüllt. Denn das Abfallrecht gibt zwei Anforderungen vor, damit aus einem Rezyclat ein Produkt wird und als solches ein Bauteil beziehungsweise dessen Bestandteil. Rezyklate, die als (Bau-)Produkte verwendet oder in Verkehr gebracht werden sollen, müssen gemäß § 7a Abs. 2 KrWG zunächst ihre Abfalleigenschaft unter Einhaltung der Anforderungen des § 5 Abs. 1 KrWG beendet haben, bevor Inverkehrbringer als weitere Voraussetzung dafür Sorge zu tragen haben, dass sie den geltenden Anforderungen des Chemikalien- und Produktrechts genügen (§ 7a Abs. 1 KrWG). Die Bestimmung des Abfallendes ist deshalb entscheidend für die Anwendbarkeit von Abfallrecht oder Produktrecht auf Stoffe oder Gegenstände.

Ein weiteres damit in Zusammenhang stehendes rechtliches Problem ist der Zeitpunkt und die Art und Weise der Anwendbarkeit des Produkt- und Chemikalienrechts (REACH-VO, CLP, BauproduktenVO 2024, Taxonomie–VO) auf diese Stoffe. Die genannten EU-Verordnungen sind zwar grundsätzlich auf gebrauchte Bauprodukte bzw. recycelte Baustoffe anwendbar, bedürfen aber klarer und einfacher nationaler Regelungen für ihre Umsetzung, denen es derzeit in Deutschland mangelt.

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