Ausschreibung der Verwertung teer- und pechhaltigen Straßenaufbruchs

Öffentliche Auftraggeber müssen bei der Vergabe von Entsorgungsleistungen für Bauabfälle die Rangfolge der Entsorgungsmaßnahmen nach § 6 des Kreislaufwirt-schaftsgesetzes (KrWG) beachten.

Schreibt ein öffentlicher Auftraggeber (AG) die thermische Behandlung / Verwertung teer-/pechhaltigen Straßenaufbruchs vor und schließt er alle sonstigen (nicht von vorneherein offensichtlich nachrangigen) Möglichkeiten der Verwertung/Entsorgung, wie etwa die Verwertung im Deponiebau, zwingend aus, muss er die zentralen Aspekte, die für bzw. gegen die beabsichtigte Festlegung sprechen, gegenüberstellen und bewerten und dabei die grundlegende Konzeption des Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) berücksichtigen. Missachtet der AG dies, indem die Vergabestelle ihren Ermessens- und Beurteilungsspielraum nicht ordnungsgemäß ausübt, kann die Vergabe wegen Verstoßes gegen § 97 Abs. 6 VgV aufgehoben werden. Dies geht aus einem Beschluss des OLG München vom 09.03.2018 (Verg 10/17) hervor.

Der Fall
Der Auftraggeber schrieb die Entsorgung von ca. 36.000 t teer-/pechhaltigen Straßenaufbruchs mit Fremdstoffanteilen in den Bezirken der staatlichen Bauämter Aschaffenburg, Schweinfurt und Würzburg aus. Der Auftrag sollte die Annahme inklusive der Abholung von teer-/pechhaltigem Straßenaufbruch an den Zwischenlagern des Auftragnehmers und die rechtskonforme Verwertung des teer-/pechhaltigen Straßenaufbruchs durch thermische Behandlung um-fassen. Der Straßenaufbruch sollte in das Eigentum und die Verantwortung des Auftragnehmers (AN) übergehen.

Ein Bieter rügte im gerichtlichen Nachprüfungsverfahren insbesondere die Pflicht, den Straßenaufbruch vollständig der thermischen Verwertung/Behandlung zuführen zu müssen. Die zwingende thermische Verwertung des Materials in Rotterdam und der Ausschluss der Verwertung des Materials im Deponiebau stehe nicht im Einklang mit den Vorschriften des Kreislaufwirt-schaftsgesetzes (KrWG). Der AG berief sich ohne Erfolg auf sein Leistungsbestimmungsrecht.

Denn bei den Vorgaben zum Auftragsgegenstand und zur Auftragsdurchführung müssen, so das Gericht, entsorgungsrechtliche Vorschriften hinreichend berücksichtigt werden. Die Bestimmung des Auftragsgegenstands muss sachlich gerechtfertigt sein. Es müssen dafür nachvollziehbare, objektive und auftragsbezogene Gründe vorliegen. Da der AG aber durch die Vergabeakte nicht dokumentieren konnte (etwa durch eine Ökoeffizienzanalyse zu Entsorgungsoptionen), aufgrund welcher Erwägungen und unter Berücksichtigung welcher Aspekte er sich auf die thermische Verwertung als einzig zulässige Maßnahme festgelegt hat, lag ein Sachermittlungsdefizit vor.

So habe der AG u.a. nicht berücksichtigt, dass es in Deutschland aktuell keine größere Anlage gibt, in der eine solche thermische Verwertung stattfindet, was zwingend für die vorgesehene Verwertung den Transport des Abfalls zu einer Anlage in den Niederlanden erfordere, was ent-sprechende Umweltfolgen nach sich ziehe. Inhaltlich eingehender geprüft werden hätte nach Ansicht des Gerichts auch der Aspekt, dass die thermische Verwertung vor Ort zu weiteren Emissionen führt, welcher Energieeinsatz nötig ist, um bestimmte Inhaltsstoffe zu beseitigen und ob und wieviel stattdessen nutzbares Material hätte gewonnen werden können. Das pau-schale Vorbringen der Vergabestelle, sie habe all dies bedacht, wegen der Gefahren der PAK-Verbindungen wolle sie dennoch nur eine thermische Verwertung, sei für die erforderliche Be-urteilung nicht ausreichend.

Praxishinweis:
Wenn sich der Auftraggeber im Vorfeld der Vergabe auf eine einzige Entsorgungslösung für Bauabfälle festlegt, muss er diese ordnungsgemäß ermitteln und begründen. Dies gilt umso mehr, als der AN, der wie im vorliegenden Fall das Eigentum des Straßenaufbruchs übernehmen sollte, bei Mißachtung der Vorgaben des KrWG bei einer nicht ordnungsgemäßen Entsorgung des Abfalls mithaftet. Der AG trägt die abfallrechtliche Verantwortung für die Entwicklung von Konzepten zur ordnungsgemäßen Entsorgung des Bauabfalls.