Alle reden vom stärkeren und häufigeren Einsatz von recycelten Baumaterialien bei Bauvorhaben. In der Praxis sieht es jedoch häufig ganz anders aus. Gerade öffentliche Autraggeber finden viele Gründe, Recyclingbaustoffe nicht einsetzen zu müssen.
Erfreulich ist deshalb eine Entscheidung des Landgerichts Schweinfurt (LG Schweinfurt, Beschl. v. 16. März 2022, 22 O 53/22 eV).
Worum ging es?
Ein öffentlicher Auftraggeber schreibt folgende Position im Leistungsverzeichnis (LV) aus: „Geländeauffüllungen im Bereich der Baugrube und Arbeitsraum / Höhenangleichung mit vom AN zu liefernden Stoffen. Schichtweise einbauen und verdichten, einschl. Herstellen der Grobplanie. Nach statischer Angabe. Material Natursteinschottergemisch 0/56 mm oder glw. Verdichtungsgrad DPr 98 %“. Ein Bauunternehmen bietet statt des ausgeschriebenen Natursteinschotters Recyclingmaterial an und legte einen Prüfbericht der TU München vor, der die technische Gleichwertigkeit (ZTV E-StB, DIN 18196) und die wasserrechtliche Unbedenklichkeit (RW 1 nach ZTV wwG-StB By 05) bestätigte. Der Auftraggeber bezweifelt die Gleichwertigkeit.
Was sagt das Gericht?
Der Auftraggeber bezweifelt zu Unrecht die Gleichwertigkeit. Das angebotene RC-Material ist ein dem im LV angegebenen Natursteinschottergemisch gleichwertiges Produkt, da es für die vorgesehene Verwendung ebenso geeignet ist wie das Naturschottergemisch und die im LV geforderte Körnung habe. Der Nachweis der Verwendbarkeit im Erdbau des Straßenbaus ist hier auch auf die Verwendung zur Geländeauffüllung im Bereich von Baugrube und Arbeitsraum zu übertragen. Recyclingmaterial ist auf Basis des vorgelegten Prüfberichts auch nicht umweltschädlicher als ein Natursteinschottergemisch.
Praxistipp: Ist ein mineralisches RC-Material gütegesichert oder / und liegt ein Prüfbericht vor, aus dem hervorgeht, dass es alle für die jeweilige Verwendung geltenden technischen Anforderungen und Normen erfüllt sowie seine Verwendung wasser- und bodenschutzrechtlich unbedenklich ist, dann ist es kein Abfall mehr, sondern grundsätzlich ein gleichwertiger Recyclingbaustoff. Das stellt nun auch das Landgericht Schweinfurt klar. Es ist zu wünschen, dass öffentliche Auftraggeber vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ihre aus § 45 KrWG und Landesabfallrecht, z.B. aus Art. 2 BayAbfG, erwachsenden Pflichten zum stärkeren Einsatz von Recyclingbaustoffen ernst nehmen.